DIE RAMAN-SPEKTROSKOPIE IN DER GEMMOLOGIE | DE

Der Raman-Effekt ist ein Phänomen, das im Jahre 1928 durch den indischen Physiker gleichen Namens entdeckt wurde er stellte die Änderung der Wellenlänge einer Strahlung durch Streuung in einer Materie, einer Flüssigkeit oder Gas fest. 1930 erhielt er dafür sogar den Nobelpreis für Physik. Diese Technik nutzt den Nebeneffekt der Lichtstreuung in transparenten Umgebungen, wie zum Beispiel bei kostbaren Edelsteinen.

Eine transparente Materie, bestrahlt mit monochromatischem Licht mit definierter Frequenz, einer anderen als die Erregerstrahlung, emittiert zwei Ensembles von Strahlungen mit festgelegter Frequenz, beziehungsweise eine größere und eine kleinere. Die Frequenzunterschiede zwischen den unterschiedlichen Spektrallinien sind unabhängig von der Erregerstrahlung, unabhängig von der Temperatur und den Eigenschaften des untersuchten Objekts. Das auf diese Weise erschaffene Raman –Spektrum hängt ab von der Beschaffenheit der Atome, die das Molekül bilden (zum Beispiel bei einem typischen Einschluss in einem kostbaren Edelstein), der Art der Verbindungen zwischen den Atomen. Diese Untersuchung verschafft somit wertvolle Informationen, was den Aufbau der Moleküle angeht.
 
Um ein Raman-Spektrum zu erhalten, benötigt man ein elektronisches Spektroskop mit großer Streuung. Der Einsatz eines Laserstrahls hat dazu beigetragen, die Leistungsfähigkeit des Effekts zu erhöhen.
 
Der Laser (Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung) ist eine Lichterzeugung durch Stimulation der Emissionen, einer Lichtquelle die intensive kohärente Lichtblitze aussendet. Die ersten Laser waren aus Rubin. Ein Rubinstäbchen, an den Enden versilbert, wurde durch den Laser YAG (Yttrium Aluminium Granat, in den „Goldenen Sechzigern“ auch als Diamantimitat benutzt) ersetzt, kurz bevor dann der CZ (Cubic Zirkonia) auf der Bildfläche erschien.
 
Der Raman-Effekt wird also beobachtet, wenn der Laserstrahl den Einschluss in einem Edelstein beleuchtet. Ein sehr geringer Anteil des gestreuten Lichts wird in Frequenzen zerlegt, wenn die in der Materie enthaltenen Atome in Schwingung geraten. Die Analyse dieses eingestrahlten Lichts zeigt ein Ensemble von charakteristischen Spektrallinien, die Zusammensetzung des untersuchten Einschlusses, das so genannte Raman-Spektrum. Dieses Lichtspektrum stellt nicht nur die chemische Zusammensetzung sondern auch die Struktur der Materie dar. In Verbindung mit einem optischen Mikroskop ermöglicht diese Technik die Erkennung und Identifikation von Teilchen oder Einschlüssen bis zu einer Größe von 1 Mikron (ein Haar hat einen Durchschnitt von 5 Mikron).
 
In der Molekular-Laser-Mikrosonde wird der Photonenstrahl durch den Laserstrahl erzeugt, der dann den Einschluss im Edelstein zum Schwingen bringt. Das durch den Raman-Effekt ausgesendete Licht dient zur Identifizierung der verschiedenen mehratomigen Bestandteile, hier wiederum ausgehend von den molekulartypischen Schwingungsspektren. Im Jahre 1977 wurde der Raman-Effekt erstmals an Edelsteinen ausprobiert und zwar durch ein Team bestehend aus H. J. Schubnel, P. Dhamelindourt und Madame M.L. Dele-Dubois; die ersten Ergebnisse erschienen in der Zeitschrift der A.F.G. (Association Française de Gemmologie/ Verband Französischer Gemmologen).
 
Seitdem wird das Prinzip in allen großen Gemmologie-Laboren angewendet, es ist zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel hinsichtlich von neuen synthetischen Edelsteinen geworden. Der Diamant, der lange von Manipulationen verschont geblieben war, ist zurzeit mit dem gleichen Phänomen konfrontiert wie der Rubin, der Smaragd oder der Saphir. Die HPPT-Techniken (hoher Druck, hohe Temperatur) lassen Diamanthändler erzittern.
 
Wenn wir dann noch das Phänomen der « Konflikt »-diamanten (hoffentlich vorübergehend) hinzufügen, könnte der Ursprung, die Herkunft durch den Raman-Effekt bestimmt werden, was dann diese Geschichten außerhalb unseres Einflussbereichs hinwegfegen könnte. Ein Herkunftszertifikat, ausgestellt im Erzeugerland, wie auch eine Probenahme zur Analyse mit der Raman-Spektrographie könnte die Herkunft der Steine bestimmen. Die Untersuchung von Einschlüssen würde die Richtigkeit der Ursprungszertifikate bestätigen.
 
Die Raman-Spektrographie erscheint heute als unentbehrliches Werkzeug zur Analyse von Mineralien und Edelsteinen. Diese Technologie eröffnet für die Gemmologie eine Vielzahl von Vorteilen: es gibt keine Zerstörung der Steine, keine Aufbereitung von Proben, eine schnelle (einige Sekunden reichen, um ein Spektrum zu erhalten) und vor allem einfache Anwendung.
 
Das Labor-Spektroskop mit Raman-Effekt besteht aus einer oder mehreren Laser-Quellen, einem optischen Mikroskop, einer Erfassungs-/Detektionskette und einem Spektrometer zur Analyse des Lichts. Eine besondere Software ermöglicht die Auffindung der verschiedenen Elemente und der Verarbeitung der Daten.
 
Die Auslegung der Spektral-Daten ist dank einer im PC vorhandenen Referenz-Bibliothek sehr vereinfacht worden. Nicht nur die Beschaffenheit kann bestimmt werden, sondern auch Manipulationen an Steinen, wie die Auffüllung in Smaragden, Diamanten und wie auch die dazu verwendeten Polymere oder Harze. Erst kürzlich wurde die Raman-Spektrographie erfolgreich angewendet, um Diamanten von solchen zu unterscheiden die aus neuartigen synthetischen Verarbeitungen entstanden sind.
 
Einst ein sehr voluminöser Apparat (der einen ganzen Raum füllte, im Halbdunkeln, mit einer Größe von 10 mal 10m) und vor allem nicht zugänglich (nur für Universitäten oder multinationale Konzerne) ist er heute viel kompakter geworden; die Renishawa-Anlage zum Beispiel hat die Maße eines großen Koffers und der Preis dafür ist auch erheblich gesunken, trotzdem bleibt er für einen Juwelier unerschwinglich.
 
Eddy Vleeschdrager